Schaden durch Betrug mit manipulierten Kassensystemen und mögliche Einführung der INSIKA-Lösung zur Betrugssicherung

Schaden durch Betrug mit manipulierten Kassensystemen und mögliche Einführung der INSIKA-Lösung zur Betrugssicherung

Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, Dr. Gerhard Schick und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es gibt seit mehreren Jahren Hinweise auf einen erheblichen Einnahmeausfall der öffentlichen Hand sowie einer damit verbundenen Wettbewerbsverzerrung für ehrliche Unternehmen durch Manipulation und (Steuer-) Betrug mit Registrierkassendaten. So hat der Bundesrechnungshof bereits im Jahr 2003 sehr konkrete Hinweise auf systematischen (Umsatz-) Steuerbetrug aufgelistet (Bundestagsdrucksache 15/2020, Bemerkung 54). Besonders spektakulär wurde eine nachgewiesene Kassenmanipulation zuletzt durch den Fall einer einzigen Eisdiele belegt, die in wenigen Jahren rund 2,8 Mio. Euro Steuern und Abgaben hinterzogen hat. Ähnliche Fälle hat es z.B. auch bei Apotheken gegeben (vgl z. B. DIE WELT vom 4. April 2014 „Steuerbetrug per Knopfdruck“) und verschiedene Finanzministerkonferenzen haben sich deswegen mit dem Thema befasst. Alle 16 Bundesländer haben am 25. Juni 2015 die Zustimmung zu einem Bericht mit einem Maßnahmenpaket gegen den Betrug mit Registrierkassen gegeben, allein das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat seine Zustimmung zu diesem Bericht verweigert. Insbesondere hat das BMF die Berechnung der Steuerausfälle basierend auf einem Bericht der OECD und Annahmen des Finanzministeriums in Nordrhein-Westfalen sowie später geäußerte Zahlen des Bundesrechnungshofs in Höhe von 5 bis 10 Mrd. Euro massiv in Frage gestellt. In einem Bericht an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages heißt es: „Nordrhein- Westfalen bezieht sich in Antworten auf parlamentarische Anfragen im nordrheinwestfälischen Landtag auf den OECD-Bericht ‚Umsatzverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme‘ aus dem Jahre 2013. Die darin enthaltenen Aussagen zu Kanada, insbesondere der Provinz Québec, werden auf deutsche Verhältnisse übertragen. Nordrhein-Westfalen legt dabei Ausfallschätzungen der Finanzbehörde von Québec in Höhe von 1,3 Mrd. CAD für den Restaurantsektor zugrunde. Nach Veröffentlichung der Finanzbehörde Québec wird jedoch von Steuerausfällen in Höhe von 133. Mio. CAD für zwei Jahre (2007-2008) ausgegangen.“ (vgl. Ausschussdrucksache des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages 18(7)202). Tatsächlich ist in der Antwort von Dr. Norbert Walter-Borjans auf eine Anfrage aus dem Landtag NRW aber von verkürzten Umsätzen (nicht von Steuerausfällen) in Höhe von 1,3 Mrd. CAD die Rede.
Daraus werden laut der im OECD-Bericht wiedergegebenen Studie Steuerausfälle in Höhe von etwa 417 Mio. CAD abgeleitet (OECD-Bericht „Umsatzsteuerverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme: Eine Bedrohung für die Steuereinnahmen“ Seite 6 bis 7). Entsprechend der vom BMF dem Sachstandsbericht beigefügten Anlage 2 setzen sich die genannten 417 Mio. CAD Steuerausfälle aus 133 Mio. CAD Umsatzsteuerverlust und 284 Mio. CAD Einkommensteuerausfällen zusammen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um die Steuerausfälle der Provinz Québec. Hinzu treten gemäß der Fußnote 11 zusätzliche Steuerverluste des Staates Kanada in etwa der gleichen Höhe. Der genannte Zeitraum bezieht sich auf das abweichende kanadische Fiskaljahr 2007 bis 2008, umfasst somit lediglich zwölf Monate und nur eine einzige Branche. In der vom BMF zitierten Studie selbst werden zudem die Steuerausfälle in Deutschland allein im Restaurant-Sektor auf 4,5 Mrd. CAD (ca. 3 Mrd. Euro) jährlich geschätzt. Die Argumentation des BMF weist damit grobe Fehlinterpretationen der vorgelegten Studie auf. Die Bedenken des BMF aus dem Bericht an den Finanzausschuss gegenüber der Finanzverwaltung in NRW, der OECD und dem Bundesrechnungshof sind damit deutlich widerlegt. Allein für das Taxi-Gewerbe hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Jahr 2001 eine Umsatzverkürzung von 1,3 Mrd. Euro berechnet, aus denen sich hier Steuerausfälle im dreistelligen Millionenbereich ableiten lassen. Die Umsetzung eines fälschungssicheren Konzeptes für das Taxigewerbe im Bundesland Hamburg hat zu einer deutlichen Wettbewerbsegalisierung geführt, die vom Taxigewerbe mit großer Zustimmung begleitet wurde. Neben höheren Steuereinnahmen profitieren insbesondere auch die Sozialversicherungen, weil durch betrugssichere Taxameter auch Schwarzarbeit und Sozialversicherungsbetrug verhindert wird. Außer den Bedenken bezüglich des Ausmaßes der Steuerausfälle benennt das BMF eine Reihe von weiteren Gründen, um die Blockade gegen die Einführung einer technisch möglichen Betrugssicherung von Registrierkassen zu begründen: den bürokratischen Aufwand, europarechtliche Bedenken und die technische Leistungsfähigkeit entsprechender Konzepte insbesondere gegen das bereits entwickelte INSIKA-Verfahren (vgl. Ausschussdrucksache des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages 18(7)202).
Wir fragen die Bundesregierung: 1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das Steuerjahr in Québec einen Zeitraum von zwölf Monaten umfasst, die Angabe 2008/2009 in der zitierten Studie der Boston University School sich also auf einen Zeitraum von zwölf Monaten und nicht, wie in der Finanzausschussdrucksache 18(7)202 angegeben, auf eine Zeitraum von 24 Monaten bzw. 2 Jahren bezieht, sowie die gesamten Steuerausfälle aus der Studie zum Kassenbetrug in Québec (Boston University School of Law Working Paper No. 10-04, Seite 3) zusammengerechnet 417 Mio. CAD zuzüglich von Steuerausfällen in etwa gleicher Höhe für den Staat Kanada betragen und das Finanzministerium NRW auf parlamentarische Anfragen von Umsatz- und nicht von Steuerverkürzung berichtet?

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