Neue gesetzliche Anforderungen für Kassensysteme – 2

Neue gesetzliche Anforderungen für Kassensysteme – 2

Deutscher Fachverband für

Kassen- und Abrechnungs-

systemtechnik im bargeld-

und bargeldlosen

Zahlungsverkehr e.V.

2. Die neuen Pflichten - Neue gesetzliche Anforderungen für Kassensysteme

2.1. Überblick

Die wesentlichen Anforderungen ergeben sich direkt aus dem Gesetz (§146a Abgabenordnung) und der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV):

  • Einzelaufzeichnung: Die Geschäftsvorfälle und anderen Vorgänge müssen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufgezeichnet werden.
  • TSE-Pflicht: Die digitalen Aufzeichnungen sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen.
  • Datensicherung / Archivierung: Die digitalen Aufzeichnungen sind zu sichern und für Kassen-Nachschauen sowie Außenprüfungen verfügbar zu halten.
  • Belegausgabepflicht: Den am Geschäftsvorfall Beteiligten ist ein Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und zur Verfügung zu stellen.
  • Meldepflicht: Dem zuständigen Finanzamt muss die Anschaffung und Außerbetriebnahme eines elektronischen Aufzeichnungssystems innerhalb eines Monats mitgeteilt werden.

Diese Pflichten gelten grundsätzlich für alle Kassensysteme, unabhängig davon, ob diese bereits installiert sind oder neu ausgeliefert werden. Zusätzlich zur Verpflichtung für Anwender, konforme Systeme einzusetzen, ist es verboten, nicht konforme Systeme in Verkehr zu bringen oder auch nur zu bewerben. Es gibt verschiedene Übergangs- und Investitionsschutzregelungen.

Alle wesentlichen, für die Praxis relevanten Details finden sich in den Technischen Richtlinien des BSI und den Anwendungserlassen des BMF.

2.2. Betroffene Systeme

  • § 1 der KassenSichV bestimmt, dass „elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen” unter die TSE-Pflicht fallen. In den Anwendungserlassen zu den §§ 146 und 146a AO finden sich weitere Konkretisierungen: Betroffen sind „elektronische Aufzeichnungssysteme, die ‚Kassenfunktion’ haben”:
  • Ein „elektronisches Aufzeichnungssystem” ist die „Hardware und Software, die elektronische Aufzeichnungen zur Dokumentation von Geschäftsvorfällen und somit Grundaufzeichnungen erstellt.“
  • „Kassenfunktion haben elektronische Aufzeichnungssysteme dann, wenn diese der Erfassung und Abwicklung von zumindest teilweise baren Zahlungsvorgängen dienen können“. Das ist unabhängig davon, ob es eine Aufbewahrungsmöglichkeit des verwalteten Bargeldes (z. B. Kassenlade) gibt.

Sobald also Grundaufzeichnungen erstellt werden und bare Zahlungsvorgänge erfasst und abgewickelt werden können, fällt das entsprechende System unter die TSE-Pflicht. Das gilt auch für Software-Komponenten für den Barverkauf, die Teil eines größeren Systems wie z.B. eines Warenwirtschaftssystems oder einer Hotel-Software sind. In diesem Fall muss die TSE nur vom entsprechenden Modul genutzt werden.

Ausdrücklich ausgenommen von der TSE-Pflicht sind „Fahrscheinautomaten, Fahrscheindrucker, elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldautomaten, Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte”.

Nachtrag: Seit dem 30. Juni 2023 ist eine Neufassung des Anwendererlasses zu § 146 AO ausgegeben. Hier ist aufgenommen, dass EU-Taxameter und auch Wegstreckenzähler durch eine technische Sicherungseinheit zu schützen sind. Weiter ist eine eigene digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung (DSFinV-TW) geschaffen, welche speziell für Taxameter und Wegstreckenzähler in der DSFinV-TW definiert ist.

Für die TSE-Pflicht ist es unerheblich, wie das Gerät beschafft wurde, also durch Kauf, Leasing, Miete usw.

Der Einfachheit halber wird hier der Begriff „Kassensystem“ oder „Kasse“ statt „elektronisches Aufzeichnungssystem“ oder „Registrierkasse“ verwendet.

2.3. Arbeiten mit der Kasse

An den bestehenden Bedienabläufen ändert sich in der Regel nichts.

Für den eventuellen Ausfall einer TSE gibt es recht pragmatische Vorschriften. Es kann normal weitergearbeitet werden und die Datenaufzeichnung wird normal weitergeführt. Der Ausfall muss auf dem Beleg ersichtlich sein. Die Ausfallzeiten und -gründe müssen dokumentiert werden, was auch vollautomatisch durch das Kassensystem selbst erfolgen kann. Die Störung muss unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, beseitigt werden.

Falls die Funktion des Kassensystems so gestört ist, dass keine elektronische Erfassung mehr möglich ist, kann – wie auch bisher – mit einer „offenen Ladenkasse” gearbeitet werden. Die dafür geltenden Vorschriften sind zu beachten.

Regelmäßige Datensicherungen sind ausdrücklich vorgeschrieben – sowohl für die Einzelaufzeichnungen der Kasse, als auch für die in der TSE gespeicherten Daten. Sofern diese Sicherungen nicht automatisch ablaufen, bedeuten sie zusätzlichen Arbeitsaufwand.

2.4. Belegausgabepflicht

Für alle Geschäftsvorfälle, an denen ein Dritter beteiligt ist, ist ein Beleg auszugeben. Dabei gelten folgende Regeln:

  • Der Beleg muss immer und „in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Beendigung des Vorgangs” erstellt werden.
  • Der Beleg kann in Papierform oder – wenn der Kunde dem zustimmt – elektronisch zur Verfügung gestellt werden.
  • Der Kunde muss den Beleg nicht annehmen oder gar aufbewahren.
  • Ein elektronischer Beleg muss in einem standardisierten Datenformat (z. B. JPG, PNG oder PDF) erstellt werden (Empfang und Lesen muss mit einer kostenfreien Standardsoftware möglich sein).
  • Auf dem Beleg müssen sich einige vorgegebene Sicherheitselemente befinden, wie z.B. die Seriennummer der TSE und eine digitale Signatur (auch als „Prüfwert” bezeichnet). Die weiteren Anforderungen an den Beleg ergeben sich aus § 6 KassenSichV.
  • Auf freiwilliger Basis kann zusätzlich ein QR-Code gedruckt werden, der eine Prüfung des Belegs wesentlich erleichtert und beschleunigt.
  • Das zuständige Finanzamt kann im Einzelfall und auf Antrag eine Befreiung von der Belegausgabepflicht aus Zumutbarkeitsgründen gewähren (§ 148 AO). Dazu muss nachweislich eine sachliche oder persönliche Härte bestehen. Die Kosten allein sind keine sachliche Härte. Ferner muss sichergestellt werden, dass durch die Unterdrückung der Belegfunktion die Funktion der TSE nicht eingeschränkt wird.

Der wesentliche Sinn der Belegausgabepflicht und der Sicherheitselemente ist, dass bei einer Kassen-Nachschau leicht überprüft werden kann, ob alle Geschäftsvorfälle korrekt erfasst werden.

2.5. Meldeverfahren

Laut Gesetz müssen Betreiber von elektronischen Aufzeichnungssystemen die Anschaffung (nicht erst die Inbetriebnahme) und die Außerbetriebnahme innerhalb von einem Monat dem zuständigen Finanzamt mitteilen. Das soll auf „amtlich vorgeschriebenem Vordruck” erfolgen. Die Nichtbeanstandungsregelung setzt die Meldepflicht aus, bis ein elektronisches Verfahren zur Verfügung steht: „Von der Mitteilung nach § 146a Absatz 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen.” Nach aktuellem Wissensstand soll die Meldung über ELSTER (das Internet-Portal oder eine Software-Schnittstelle) erfolgen.

Mitzuteilen sind für jedes einzelne Aufzeichnungssystem:

  • Name des Steuerpflichtigen
  • Steuernummer
  • Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (das umfasst laut Anwendungserlass auch die 64-stellige Seriennummer)
  • Art des Aufzeichnungssystems
  • Anzahl der Aufzeichnungssysteme je Betriebsstätte / Einsatzort
  • Seriennummer des Aufzeichnungssystems
  • Datum der Anschaffung oder Datum der Außerbetriebnahme

Das Meldeverfahren macht keine Unterschiede zwischen Kauf, Leasing, Miete usw., ist also unabhängig davon, wie das jeweilige Gerät beschafft wurde.

Weitere Details zur praktischen Handhabung sind bisher nicht bekannt.

2.6. Kassen-Nachschau / Außenprüfung

Bereits seit dem 1.1.2018 ist eine unangekündigte Kassen-Nachschau „zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben” möglich.

Im Rahmen der Kassen-Nachschau kann ein Datenzugriff durchgeführt werden, es müssen also auf Anforderung Daten aus Kasse und/oder TSE zur Verfügung gestellt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass im Regelfall zunächst eine Beobachtung, Testkäufe und Belegkontrollen stattfinden werden. Das Ziel dabei ist eine möglichst schnelle und einfache Kontrolle der korrekten Nutzung des Kassensystems, der Verwendung einer angemeldeten TSE und der Einhaltung der Belegpflicht.

Betriebsprüfungen werden sich weiterhin vor allem auf einen Datenzugriff stützen. Durch die Standardisierung der Daten ist hier für alle Beteiligten mit erheblich weniger Aufwand gegenüber der Vergangenheit zu rechnen.

Auch eine Verfahrensdokumentation ist weiterhin erforderlich. Auf eine detaillierte Beschreibung der jetzt standardisierten Teile (TSE, Schnittstellen, Datenformate) kann jedoch verzichtet werden – ein Verweis auf die Standards und einer Erklärung, dass sie eingehalten werden, reicht aus.

2.7. Termine, Übergangsregelungen, Erleichterungen

Grundsätzlich gelten die neuen Anforderungen ab dem 1.1.2020. Für nicht nachrüstbare Systeme gilt die folgende Investitionsschutzregelung:

Ist ein System

  • nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft worden (neu oder gebraucht),
  • konform zu den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 (Einzelaufzeichnung) und
  • bauartbedingt nicht aufrüstbar,

dann darf es bis zum 31.12.2022 genutzt werden. Es ist zudem nicht anmeldepflichtig. Die Nutzung der DSFinV-K ist ebenfalls nicht verpflichtend.

Eine gesetzliche oder vergleichbar präzise Definition des Begriffs „bauartbedingt” existiert nicht. Die Finanzverwaltung erklärt im Anwendungserlass zu § 146a AO, dass für PC-basierte Kassensysteme die hier genannte Regelung nicht in Anspruch genommen werden kann. Das ist folgerichtig, da die Bauart (Schnittstellen, Prozessorleistung, Speicher, Funktionen des Betriebssystems) bei diesen Systemen einer Nachrüstung nicht im Wege steht. Die tatsächliche Verfügbarkeit oder der Preis einer Aufrüstung spielt bei der Beurteilung keine Rolle.

Zu beachten ist, dass unabhängig voneinander auf der einen Seite die Nutzung und auf der anderen das gewerbsmäßige Inverkehrbringen sowie das Bewerben eines nicht konformen Systems seit dem 1.1.2020 verboten sind.

Nachrüstungen sind gemäß der Nichtbeanstandungsregelung unverzüglich durchzuführen.

Meldepflichtig sind Systeme erst mit dem Zeitpunkt der Nachrüstung mit einer TSE. Darüber hinaus setzt die Nichtbeanstandungsregelung die Meldepflicht solange aus, bis ein elektronisches Meldeverfahren verfügbar ist.

Daten gemäß DSFinV-K sind ebenfalls erst zum Ende der Nichtbeanstandungsfrist bereitzustellen.

Die Belegausgabepflicht gilt unverändert, also ab dem 1.1.2020.

Die Nichtbeanstandungsregelung enthält keine speziellen Bestimmungen für das Inverkehrbringen neuer Systeme, so dass weiterhin die gesetzliche Frist 1.1.2020 gilt. Im Anwendungserlass zu § 146a unter Nr. 11.2 wird sinnvollerweise das Inverkehrbringen bzw. Bewerben von Aufzeichnungssystemen mit Anbindungsmöglichkeit an eine TSE unabhängig von der TSE selbst erlaubt. Somit können Systeme mit TSE-Unterstützung nach dem 1.1.2020 in Verkehr gebracht werden, auch wenn die erforderliche TSE noch nicht verfügbar ist. Spätestens zum Ende der Nichtbeanstandungsfrist muss die TSE nachgerüstet sein, da sonst der Betrieb des Systems nicht mehr erlaubt ist.

2.8. Sanktionen

Generell greift zuerst der Sachverhalt der „leichtfertigen Steuerverkürzung”, der mit bis zu 50.000 € Geldbuße bestraft werden kann. Falls dieser nicht zur Anwendung kommt, sind im Gesetz folgende Sanktionen vorgesehen:

Sachverhalt Max. Bußgeld
Ausstellen von Belegen, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind 5.000 €
Belege gegen Entgelt in Verkehr bringen 5.000 €
Geschäftsvorfälle oder Betriebsvorgänge nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig aufzeichnen oder verbuchen 25.000 €
Aufzeichnungssystem nicht oder nicht richtig verwenden 25.000 €
Aufzeichnungssystem nicht oder nicht richtig durch eine TSE schützen 25.000 €
Nicht konforme Systeme oder Software bewerben oder in Verkehr bringen 25.000 €

Besondere Sanktionen für den Verstoß gegen die Beleg- und Meldepflicht sind nicht vorgesehen. Im Anwendungserlass zu § 146a Nr. 12.2 wird ausgeführt, dass es sich dabei um „Handlungspflichten” handelt, die mit „Zwangsmitteln” durchgesetzt werden können. Da beide Pflichten zentrale Elemente des Sicherheitskonzepts sind, dürften Verstöße ernsthafte Zweifel an der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung auslösen.

Die hier aufgeführten Bußgelder sind unabhängig von eventuellen steuerlichen Konsequenzen wie einer Schätzung der Einnahmen oder Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung.